Neues Landesarchiv bekommt Konturen

29.10.2012 | Immobilien

Der Neubau des Landesarchivs NRW im Duisburger Innenhafen wächst zügig seiner Vollendung entgegen. Die Arbeiten an dem denkmalgeschützten Speichergebäude, am Archivturm und am angrenzenden sechsgeschossigen wellenförmigen Neubau sind bereits weit fortgeschritten. So wurden die Giebel des Turms bereits vom Baugerüst befreit. „Damit nimmt ein technisch faszinierendes Bauwerk Gestalt an“, sagt Dr. Armin Lövenich, Leiter der Niederlassung Duisburg des Bau- und Liegenschaftsbetriebes NRW (BLB NRW).

Fotostrecke vom Baufortschritt

Mitte nächsten Jahres wird das neue Archiv, in das der BLB NRW als Bauherr und Eigentümer 198 Millionen Euro investiert, fertiggestellt sein. Mieten wird es dann das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen. Kurz nach der Übergabe werden die Beschäftigten des Landesarchivs NRW ihre neuen Büros am Duisburger Innenhafen beziehen können. In den darauffolgenden Monaten wird der Neubau dann nach und nach auch die umfangreichen Archivalien des Landes aufnehmen, die aktuell noch in Magazinen in Düsseldorf und Brühl untergebracht sind.

Zur Verfügung stehen werden dafür im neuen Landesarchiv 148 Regalkilometer Lagerfläche. Die ersten dieser Regalkilometer werden derzeit im Untergeschoss der „Welle“ bereits aufgebaut. Der große Rest kommt in den insgesamt 21 Geschossen von Speicher und Turm unter. Eine moderne Aktentransportanlage befördert bei Bedarf jedwede benötigte Unterlage durch das Gebäude in die Büros.

Sichtbarstes Zeichen für den raschen Baufortschritt am neuen Landesarchiv ist derzeit, dass der Giebelbereich des 77 Meter hohen Archivturms bereits vollständig vom Baugerüst befreit wurde. Das Dach des Turms besteht aus speziellen Hohlziegeln, die auf Alurohre aufgefädelt wurden und die historische Struktur der Fassade nahtlos fortsetzen. Alle Aufbauten der technischen Anlagen, insbesondere Lüftungsanlagen, wurden unsichtbar unter der Dachhaut untergebracht.

Der weitere Abbau des Gerüstes am Turm wird nun – mit Fortschreiten der Arbeiten an der Verblendung – sukzessive in Zwölf-Meter-Schritten erfolgen. Auch im Bereich des rund 160 Meter langen und 22 Meter hohen wellenförmigen Anbaus wurde das Gerüst schon großflächig entfernt, sodass die Konturen des Neubaus immer besser sichtbar werden. Etwa zwei Drittel der Welle aus Stahlbeton sind bereits mit einer Putzfassade versehen.

Verknüpft werden das alte Speichergebäude aus den 1930er Jahren mit dem zentral daraus herauswachsenden neuen Archivturm und die Welle durch ein mittig gelegenes großzügiges verglastes Foyer, das sich zur Uferpromenade hin öffnet. Der behindertengerechte Haupteingang wird aus Betonsteinen und Betonstufen hergestellt. Auf der Hafenseite werden als grüne Inseln mit Stahl eingefasste, ca. 80 Zentimeter hohe Beete angelegt und mit Papierbirken und Stauden bepflanzt. Im Inneren des Foyers soll man
durch große Öffnungen in das gesammelte Archivmaterial blicken können.

Das neue Landesarchiv wird seit Frühjahr 2010 nach einem Entwurf von Ortner & Ortner Baukunst durch den Generalübernehmer Hochtief Solution AG errichtet. Die markante ziegelrote Baufigur zwischen Autobahn A40 und Innenhafen umfasst 165.000 Kubikmeter Raum (das sind 165 Millionen Liter) und zeichnet sich durch zahlreiche weitere interessante Details aus. Die Bodenplatte des Turms ist 2,50 Meter dick und leitet die auftretenden Kräfte über gut 500 Bohrpfähle in den Baugrund. Die Welle erhielt eine Stahlbetonbodenplatte und eine Gründung aus mehr als 300 Bohrpfählen.

Das Bestandsmauerwerk des alten Speichers besteht aus historischen Ziegeln im so genannten „Alten Reichsformat“ (25 mal 12 mal 6,5 Zentimeter). Auch alle neuen Außenmauerwerke des Landesarchivs wurden aus Ziegeln dieses Formats erstellt. Nicht zuletzt dadurch bekommt der Archivturm seine monumentale Optik. Im Landesarchiv gibt es gänzlich unterschiedliche Raumtypen mit spezifischen lufttechnischen Anforderungen. Der Neubau ist so geplant, dass jeweils maßgeschneiderte Lösungen realisiert werden. So wird der geforderte Luftwechsel in den Archivbereichen über eine Umluftanlage ebenso sichergestellt wie die Absaugung von belasteter Luft in den Werkstätten. Die öffentlich zugänglichen Bereiche erhalten ebenfalls passende Lüftungsanlagen. Die Bürobereiche sollen hingegen natürlich über die Fenster gelüftet werden. Auch für die Kälteversorgung sind verschiedene Systeme für die Archivbereiche, die raumluftechnischen Anlagen und die Serverräume vorgesehen. Die Büros erhalten eine in den Betondecken installierte Betonkerntemperierung (Kühlung und Heizung).

Der Neubau wird über eine Leittechnik-Zentrale zur Gebäudeautomation verfügen, an die zum Beispiel die Wind- und Regenwächter, die Jalousiesteuerung, die raumlufttechnischen Anlagen, die Brandmeldeanlage sowie weitere im Gebäude befindliche BUS-Systeme angeschlossen werden. Das anfallende Regenwasser wird über Einleitbauwerke dem angrenzenden Hafenbecken zugeführt, um das öffentliche Kanalnetz zu entlasten.

Im Duisburger Innenhafen werden bald Zeugnisse aus über 1200 Jahren Landesgeschichte lagern: 70.000 Urkunden aus der Zeit vor 1800, mehr als 700.000 Fotos, Luftbilder, Filme und Tonträger, gut 230.000 Bücher, Druck- und Zeitschriften, 7000 Kirchenbücher sowie 320.000 Zivil- und Personenstandsregister. Zu den bedeutendsten Archivalien gehört das Original der NRW-Verfassungsurkunde von 1950.

Der Neubau in Duisburg wird ein offenes Haus sein. Ausgewählte Archivalien können in einem Ausstellungsraum präsentiert werden. Auch Führungen sowie Angebote für Schulen und Universitäten sind vorgesehen. Außerdem wird es einen öffentlich zugänglichen Lesesaal mit rund 100 Arbeitsplätzen geben.

Rahmendaten Neubau Landesarchiv NRW:
Bauherr/Eigentümer: Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW
Mieter: Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des
Landes Nordrhein-Westfalen
Nutzer: Landesarchiv NRW
Architekt: Ortner & Ortner Baukunst Wien
Projektsteuerung: zarinfar baumanagement GmbH
Generalübernehmer: Hochtief Solutions AG, Niederlassung NRW
Baubeginn: Erster Spatenstich im April 2010
Start Hochbauphase im September 2010
Baufertigstellung: Mitte 2013, Bezug in den Folgemonaten
Gesamtprojektkosten: 198 Millionen Euro
Höhe First Archivturm: 77 Meter
Höhe Attika Welle: 22 Meter
Länge Speichergebäude: 48 Meter
Länge Welle: 160 Meter
Kapazität: Bis zu 148 Regalkilometer (1. Ausbaustufe)
Bruttogrundfläche: 48.000 Quadratmeter
Bruttorauminhalt: 165.000 Kubikmeter
Mietfläche: 39.000 Quadratmeter
davon 30.000 Quadratmeter Archiv (1. Ausbaustufe)