Duisburger Familien zwischen 1870 und 1930

13.03.2025 | Kultur

Wilhelmine Krämer mit ihren Kindern
Die Alleinerziehende Wilhelmine Krämer mit ihren Kindern, wenige Tage vor ihrem Tod (Foto: stadtmuseum-duisburg.de)

Im Kultur- und Stadthistorischen Museum eröffnet die neue Ausstellung „Stolz und Vorteil – Duisburger Familien zwischen 1870 und 1930“.

War bisher vor allem die historische Bedeutung und der kulturelle Einfluss der Duisburger Arbeiterschaft im thematischen Fokus der Stadtgeschichte, widmet sich die neue Ausstellung den Familien des Duisburger Großbürgertums. Im Kontext von Themen wie Klassismus und Antifeminismus ermöglicht die einjährige Ausstellung zwischen Sonntag, 23. März 2025, und 29. März 2026 einen neuen und kritischeren Blick auf das aufsteigende Bürgertum.

Eine Ausstellung über Privilegien, Normen und Ausgrenzung
Stolz ist ein Gefühl, das wir alle kennen: Wir sind stolz auf Leistung oder Besitz, Stärke oder Intelligenz, Freunde und Familie oder einen Verein, dem wir angehören. Stolz gehörte auch zur Haltung des Bürgertums im 19. Jahrhundert, denn etwas hatte sich verändert. Nicht mehr die Abstammung bestimmte den gesellschaftlichen Rang, sondern man definierte sich nun durch Leistung, Besitz und Einfluss – und sicherte sich damit zahlreiche Vorteile.

Duisburgs Elite
Im 19. Jahrhundert wurden Duisburgs großbürgerliche Familien durch die Schwerindustrie und den internationalen Handel wohlhabend. Aber auch Karrieren im Beamtentum oder in der Stadtpolitik sorgten für Erfolg und Reichtum. Auch die Förderung von Kunst und Kultur gehörte dazu. Ihre Privilegien hielten sie durch Netzwerke, strategische Heiraten und strikte gesellschaftliche Normen aufrecht. Die bürgerliche Kernfamilie war zentral für den Aufstieg des Bürgertums, in der jedes Mitglied eine feste Rolle hatte. Doch diese Ordnung hatte ihren Preis: Für Andersartigkeit war kein Platz. Wer nicht in das Idealbild passte, wurde ausgegrenzt oder benachteiligt. Privilegiert blieb nur, wer sich an die Regeln hielt.

Die Benachteiligten
Sich scheiden lassen, ein uneheliches Kind zur Welt bringen oder sich als homosexuell outen: All das, was vom Bild der Idealfamilie abwich, brachte öffentliche Schande und war im schlimmsten Fall strafbar. Anstelle von Stolz trat Scham. Besonders prekär war die Lage jener, die nicht zum Bürgertum gehörten: Während die Wohlhabenden oft Geld und Einfluss nutzen konnten, um „Missgeschicke“ oder „Unsittlichkeiten“ zu vertuschen, hatten von Armut Betroffene kaum Möglichkeiten, sich zu schützen. Häufig riskierten sie nicht nur ihren Ruf, sondern ihr Leben. Heute gilt vieles, was damals noch undenkbar war, als normal. Dennoch wirken die Ungleichheiten und gesellschaftlichen Zwänge des 19. Jahrhunderts bis heute nach.

Mit vielfältigen Exponaten und einem kritischen Blickwinkel erzählt die Ausstellung die Geschichten privilegierter und benachteiligter Familien Duisburgs. Von Familien mit – auf den ersten Blick? – stolzen Biografien und den Familien, die durch die Abweichung von der bürgerlichen Norm benachteiligt waren.