Stadtmauer Duisburg
Schon in den achtziger Jahren wurde mit dem Umbau des Innenhafens begonnen und die am mittelalterlichen Rheinufer liegende Stadtmauer freigelegt. Bis dahin kannte kaum ein Duisburger diese Stadtmauer – denn Industrie und Gewerbe nutzten sie von beiden Seiten als Abschlussmauer für ihre Gebäude. Erst die Abrissbirne legte in der zweiten Hälfte der 80er Jahre die Mauer frei. Sie liegt nun – statt wie vor Jahrhunderten auf einem Wall – in einem Graben. 1120 wurde die Stadtmauer angelegt und in einer zweiten Phase im 12./13. Jahrhundert vollendet. Hinter der Stadtmauer entstand Ende der achtziger Jahre das erste Innenhafen-Wohnviertel. Die spitzgiebeligen Dächer der Häuser – bewusst überragen sie die Mauer – interpretieren die alten formen und passen sich ihrer historischen Umgebung an. Corputiusviertel heißt dieses Wohnquartier, benannt nach dem Corputiusplatz am kulturhistorischen Museum und dem internationalen Zentrum der VHS. Auf dem Platz befinden sich drei Symbole für die drei traditionellen Wirtschaftszweige Duisburgs: eine Seilscheibe aus dem Bergbau, ein Hafenkran und ein Kokillenwagen aus der Eisen- und Stahlindustrie. Auf dem Gelände des heutigen Corputiusviertels stand die Textilfabrik der Familie Esch, der über viele Jahrzehnte auch das benachbarte, 1536 erbaute Dreigiebelhaus gehörte. Bekannt wurde das Textilfabrikgebäude im Ruhrgebiet dadurch, dass es seit Beginn der 70er Jahre das Jugendzentrum Eschhaus beherbergte. Es war auf Beschluss des Stadtrats entstanden und wurde von den jungen Besucherinnen und Besuchern autonom verwaltet. Der 1987 erfolgte Abriss im Zuge der Innenhafensanierung war politisch heftig umkämpft.
Die Stadtmauer ist ihrer ursprünglichen Ausdehnung von 2,5 Kilometer Länge auf dem Corputius-Plan von 1566 zu sehen. Im Inneren war Platz für 2000 bis 3000 Menschen, und der Bau der steinernen Befestigung wird um 1120 angenommen. Bruchstein als Sockel, darüber Tuff – so haben die alten Duisburger sich meterhohe Sicherheit gebaut, die Jahrhunderte halten sollte. Vier Haupttore verbanden Stadt und Umland, elf volle und neun halbkreisförmige Türme mit bis zu 20 Metern Höhe verstärkten das Bollwerk.
Duisburg ist die einzige Stadt des Ruhrgebietes mit noch nennenswerten Teilen einer mittelalterlichen Stadtmauer. Die Ausrichtung auf den heutigen Innenhafen lässt die Lage am Rhein vor seinem Durchbruch um 1300 erkennen.
Und die von den Denkmalschützern als „nennenswerte Teile“ eingestuften Mauerreste stellen rund ein Viertel des ursprünglichen Bauwerks dar, vom dem nach dem Zweiten Weltkrieg, nach Bombenhagel und Beschuss, noch 80 Prozent erhalten waren. Vor allem die Tore fielen schon im 19. Jahrhundert der Abrisshacke zum Opfer. Einen größeren Mauerteil kostete dann nach 1945 der Wiederaufbau der erheblich zerstörten Innenstadt.
Dennoch lässt sich die Mauer noch immer in ihrer historischen Stattlichkeit erleben. Vor allem am Innenhafen, an der Obermauerstraße, auch an der Unterstraße. Ein wenig Spürsinn braucht es, die Reste der Befestigung im Zuge des Sonnenwalls zu entdecken. Denn das Jahrhunderte alte Gemäuer bildet die Rückseite manch modernen Gebäudes – am besten zu sehen von der Untermauerstraße aus. Wer weiter nach Relikten der Vergangenheit suchen will, sollte vom Sonnenwall aus die „Königsgalerie“ betreten und nach unten sehen: Unter Glas finden sich im Boden weitere Teile der alten Mauer.