Zeig was du hast

09.05.2025 | Kultur

Zeig was du hast
Jörg Immendorff, Zeig was Du hast, 1983, Öl auf Leinwand, 250 x 250 cm, Foto: MKM

„Zeig was du hast“ – dieser Titel des Gemäldes von Jörg Immendorff aus dem Jahr 1983 ist zugleich Leitgedanke und Handlungsanweisung der aktuellen Ausstellung im Oberlichtsaal des MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst in Duisburg. Gezeigt werden 22 herausragende Arbeiten aus der Sammlung Ströher, die exemplarisch für das Schaffen des Künstlers stehen.

Jörg Immendorffs Lebensthema war die kulturelle Identität – eine Frage, die er konsequent malerisch durchdrang. Mit einem unverkennbaren Stil verband er Comic-Ästhetik mit Elementen des Realismus und entlarvte dabei die ideologische Leere des DDR-Sozialismus. „Deutschland in Ordnung bringen“ – so formulierte er selbst seine Motivation. Werke wie „Café Deutschland“ oder „Langer Marsch auf Adler“ setzen sich intensiv mit politischen und gesellschaftlichen Zuständen auseinander. Als Professor an der Kunstakademie Düsseldorf prägte er mit großem pädagogischem Gespür eine neue Künstlergeneration. Seine Bilder illustrieren nicht nur Zeitgeschichte – sie dokumentieren,
kommentieren und machen sie erfahrbar.

Immendorff war ein Maler, der seiner Umwelt mit großer Zuneigung begegnete. Diese Haltung unterscheidet ihn von vielen seiner Zeitgenossen. Für ihn gehörten Politik, Vergangenheit und Kunst untrennbar zusammen. Die ausgestellten Werke belegen dieseindrucksvoll – sie sind künstlerische Statements von bleibender Relevanz. Angesichts aktueller Krisen bieten seine Bildwelten Anstoß, über die Rolle von Kunst in unserer Zeit neu nachzudenken.

Ab dem 16. Mai zeigt das MKM Arbeiten von Jörg Immendorff aus den Jahren 1966 bis 1997. Die Ausstellung spannt einen Bogen von den aktionistischen Werken seiner Studienzeit in den 1960er-Jahren bis zu seinen großformatigen Historienbildern, in denen er die deutsche Befindlichkeit und die gesellschaftliche Rolle des Künstlers reflektiert. Mit seismografischem Gespür nahm Immendorff politische Missstände und gesellschaftliche Entwicklungen auf. „Tun, was zu tun ist“ – lautete eine seiner Forderungen. Seine Kunst sollte verändern, aufrütteln, zum Nachdenken anregen – und das bis zum Schluss. Dieser Anspruch durchzieht sein gesamtes Werk. So wird das Café zum Kampfplatz, in „Café Deutschland“ symbolisiert eine Eisscholle die Kälte der beiden gegensätzlichen Systeme in Ost- und Westdeutschland.

Adlerpartitur von Jörg Immendorf
Jörg Immendorff, Adlerpartitur, 1997, Öl auf Leinwand, 300 x 450 cm

Eine besondere Bedeutung kommt der Freundschaft mit A.R. Penck zu, die 1976 begann. Diese künstlerische Zusammenarbeit überwand die innerdeutsche Grenze – inhaltlich, gedanklich und künstlerisch. Die beiden gründeten ein Kollektiv, das sich der Überwindung der deutschen Teilung verschrieb. Direkte Begegnungen waren selten möglich, doch ihre Zusammenarbeit prägte zentrale Werke – insbesondere Immendorffs „Café Deutschland“-Serie.

Mit scharfem Blick analysierte Immendorff in den 1970er- und 1980er-Jahren die politischen Konflikte seiner Zeit. „Ich bin der einzige Maler der Kunstgeschichte, der an einer Utopie gearbeitet hat, die dann Realität wurde“, schrieb er Anfang der 1990er-Jahre – gemeint war die deutsche Wiedervereinigung.

In kunsthistorischer wie auch in gesellschaftspolitischer Sicht war er ausgestattet mit höchster Sensibilität und Analysefähigkeit. Seine besondere Stärke lag darin, komplexe historische Prozesse in eine gleichnishafte Malerei voller kraftvollen, symbolisch aufgeladenen Bildsprache zu übersetzen, deren Überzeugungskraft anhält und über den historischen Verlauf hinaus aktuell bleibt.