Karin Kneffel. Come in, Look out
14.05.2024 | Kultur
Das Museum Küppersmühle für Moderne Kunst (MKM) in Duisburg zeigt vom 24. Mai 2024 bis zum 1. September 2024 eine Werkschau der deutschen Künstlerin Karin Kneffel. Mit über 70 Gemälden und einer Serie von Aquarellen offenbart die von Kay Heymer kuratierte Ausstellung ungewohnte architektonische Bezüge in Kneffels Arbeiten sowie ihren vielschichtigen Umgang mit dem zentralperspektivischen Blick in der Malerei.
Die verführerischen Bilder von Karin Kneffel zeigen die Welt, gesehen durch eine Glasscheibe. Ihre Bildwelt ist vertraut und gleichzeitig rätselhaft – sie zeigt extrem vergrößerte Stilleben, Innenräume, Landschaften und Architekturen, die durch Spiegelungen und beschlagene Scheiben nur schemenhaft sichtbar sind. Reflektierende Oberflächen oder Wassertropfen verzerren den Blick der Betrachtenden und hinterlassen ein Gefühl der Ungewissheit.
Trotz ihrer Ambiguität und Unwirklichkeit demonstrieren Kneffels Bilder eine realistische Schärfe. Der präzise Umgang mit der Zentralperspektive ermöglicht dabei, komplexe visuelle Ebenen und Blickwinkel zu erforschen. Dabei überbietet sie den “Kamerablick” mit malerischen Mitteln und lässt immersive Szenen entstehen. Ihre Bilder sind Ausdruck eines Wechselspiels zwischen Naturalismus und Künstlichkeit und stellen die Grenzen zwischen Innen- und Außenraum, zwischen Realität und Abbild in Frage.
In ihren frühen Arbeiten präsentiert Karin Kneffel Gegenstände in extremer Vergrößerung mit einem ausgesprochenen Maß an Detailgenauigkeit. Die Isolierung ihrer Motive ist eine Methode, die an Prinzipien der Klassischen Moderne anknüpft. Die Künstlerin steigert so die Wirkmächtigkeit und Präsenz des Gezeigten, vergleichbar dem Fotorealismus der 1970er-Jahre. In der weiteren Entwicklung nehmen ihre Arbeiten vor allem Interieurs und Architekturen in den Fokus, indem sie das Wechselspiel zwischen Raum und Oberfläche, zwischen Realität und Illusion vertiefen.
Ihre neuesten Werke markieren eine bedeutende Entwicklung in Kneffels Arbeiten, da sie sich zum ersten Mal intensiv mit der europäischen Porträtmalerei auseinandersetzt. In dieser Serie widmet sie sich der Darstellung von historischen polychromen Holzfiguren, insbesondere solchen, die die Jungfrau Maria und das Jesuskind aus dem 15. und 16. Jahrhundert darstellen. Diese Figuren werden in beeindruckender Detailtreue wiedergegeben – die Gesichtszüge und menschlichen Aspekte stehen im Mittelpunkt, während religiöse Attribute wie Schleier oder Heiligenscheine entfernt wurden. So arbeitet sie universelle Bedeutungsschichten dieser ursprünglich religiösen Skulpturen heraus und verweist auf ihre aktuelle Relevanz.
Die Übersichtsausstellung im Museum Küppersmühle für Moderne Kunst (MKM) gibt Besucherinnen und Besuchern die Gelegenheit, das vielschichtige Schaffen der vergangenen 25 Jahre von Karin Kneffel zu erleben. Die Ausstellung spannt einen Bogen von persönlichen Beobachtungen bis hin zu kunsthistorischen Inspirationsquellen.
Mit ihren variantenreichen Darstellungsmitteln schafft Karin Kneffel eine Mehrdimensionalität in ihren Werken, welche Betrachtende dazu einladen, die Grenzen der eigenen Wahrnehmung zu hinterfragen. Die Malerei wird dabei einerseits als Fenster zu einer sorgfältig konstruierten Welt lesbar und wirkt andererseits als Spiegel, der die Konstruktion der Realität selbst reflektiert.